Wie verkauft man komplexe IT-Lösungen über das Telefon?

Mobiles Arbeiten, Big Data, Security, SaaS oder Cloud-Migration – die IT wird auch in mittelständischen Unternehmen immer komplexer. Tatsache ist: Seit einigen Jahren geht der Trend immer mehr in Richtung proaktiven Telefonverkauf. Diese Entwicklung wird sich durch die gravierenden Veränderungen, die der Corona Virus hinsichtlich Digitalisierung und social distancing mit sich bringt, weiter verstärken (sh. auch Artikel Neukundengewinnung durch einen zielorientierten Vertriebsinnendienst P&S Newsletter vom 19.05.2020 ).

Dabei spielen nicht nur Kosteneinsparungen eine Rolle, sondern auch die zunehmend verbesserten Möglichkeiten von Videokonferenzen, verbunden mit einer relativen Flexibilität und kurzen Reaktionszeit, um Kundenwünschen zeitnah gerecht zu werden.

Während meiner aktiven Zeit als Account Managerin habe ich die Erfahrung gemacht, dass solange eine Lösung nicht zu komplex ist, es nicht notwendig sich persönlich vor Ort zu treffen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein gewisses technisches Grundverständnis Ihrer Lösung haben und entsprechende Fachkenntnisse vorhanden sind. Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille.

Auf der anderen Seite der Medaille stehen eine ganze Reihe von verkäuferischen Softskills. Die aus meiner Sicht folgende sind:

  1. Kundenorientierte Kommunikation. Dies bedeutet beispielsweise den Gesprächspartner anhand seines Kommunikationsstils zu analysieren, damit er oder sie auch die Informationen bekommt, die ihm oder ihr wirklich wichtig sind und die möglicherweise kaufentscheidend sein können.
  2. Der Einsatz einer strukturierten Fragetechnik. Wie öffne ich den Gesprächspartner, wie finde ich auch am Telefon einen menschlichen bzw. emotionalen Zugang? Welches Problem will der Kunde lösen, was will das Unternehmen oder die Organisation mit einer spezifischen neuen Lösung überhaupt erreichen? Wie sieht der Buying Center aus, d.h. wer und welche Abteilungen sind bei einem neuen Projekt in die Kaufentscheidung involviert? Wer im Unternehmen hat die Macht „den Daumen zu senken oder zu heben?“. Gerade beim Verkauf am Telefon ist es wichtig, dass das gesamte Team eine einheitliche Fragetechnik praktiziert. Ganz konkret bietet sich hierfür die SPIN Technik (Situation, Problem, Implikation, Need) oder das deutsche Äquivalent der OPAL Fragetechnik (Orientierung, Problem, Auswirkung, Lösung) an.
  3. Und selbstverständlich kann ich für viele Projekte auch telefonische Preisverhandlungen führen. Auch hier gilt sich vorzubereiten und sich zu fragen, was könnte der Kunde erreichen wollen, was sind seine Ziele, was ist sein Maximal-was sei Minimal-Ziel? Diese Fragen sollten Sie sich auch in Bezug auf sich selbst stellen und im Vorfeld überlegen, was Sie in die Waagschale werfen wollen. Bewährt hat sich für mich immer das sog. „Give & Get-Prinzip“., d.h. ich gebe als Unternehmen etwas und will aber auch etwas vom Kunden dafür zurück z.B. einen Preisnachlass für eine Referenz usw.
  4. Was gerne vernachlässigt wird, ist der bewusste Einsatz der Stimme. Dabei ist sie das wichtigste (für den Kunden meist unbewusste) Instrument am Telefon. Es stellt sich doch gerade beim Telefonverkauf die Frage, wie komme ich kompetent und sympathisch rüber? Ganz generell sollte man eher eine halbe Oktave tiefer sprechen, was insbesondere oft für Frauen zutrifft. Zusätzlich wichtig ist, deutlich zu sprechen und nicht zu nuscheln oder Endungen unbewusst zu verschlucken.

Stellt sich noch zu guter Letzt die Frage nach der Betriebswirtschaftlichkeit des Telefonverkaufs. Abhängig von der jeweils spezifischen Unternehmenssituation kann der Innendienst am Tag ca. 10 bis 15 Kunden erreichen. Das verursacht ca. 10 Euro Kosten pro Kunde. Mit dieser Methode erreicht man schnell und zielgerichtet eine breite Kundengruppe.  Ein Außendienst in der IT Branche besucht in der Regel nur 1 bis 2 Kunden am Tag und das oft nur an 3 – 4 Tagen pro Arbeitswoche. Pro Besuch liegen dafür die Kosten bei bis zu 400 Euro. Ganz abgesehen davon, dass man mit dem Telefon immer noch „sein Ohr am Markt hat“ und schnell überprüfen kann, ob und wie beispielsweise Neuerungen einer Lösung beim Kunden ankommen.

Für das telefonische Vertriebsgespräch gibt es zwar kein Patentrezept. Dennoch kann mit der Anwendung von entsprechenden Wissen, Engagement und Freude an telefonischen Kundengesprächen viel erreicht werden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß und Erfolg beim Verkaufen von komplexen Lösungen am Telefon!

Ihre

Annemarie Habermeier